Ist es schon so weit? In diesem Jahr habe ich die Vorbereitungen für die Wanderung vor mich hergeschoben. Die Ausrüstung hat sich schon im letzten Jahr bewährt. Doch irgendwas kann immer optimiert werden und wurde in letzter Sekunde bestellt, wie eine andere Wanderhose oder Kleidung aus Merinowolle. Ganz neu war die Idee, das Trekkingessen selbst herzustellen. Ideengeber war ein „Kochkurs“ bei Globetrotter. Es gab Rezepte, die das Prinzip erklären und zum Nachmachen einluden. Hauptmahlzeiten für 12 Tage wurden kreiert.


12.07.2024 – Freitag, es geht endlich los
Um 19.43 Uhr beginnt die Reise am Hauptbahnhof in Richtung Flensburg. Ehemänner und eine liebe Freundin verabschieden uns und es gibt sogar Sekt.


Die Zugverbindungen Richtung Kopenhagen sind in diesem Jahr leider nicht so gut. Über Frederica mit 1,5 Std Aufenthalt kommen wir um 4.00 Uhr am Flughafen in Kopenhagen an.


Es bleibt noch Zeit für ein kleines Schläfchen und um 9.00 Uhr hebt das Flugzeug mit uns ab.
Samstag, den 13.07.24 – Ankunft und erster Tag auf dem ACT – 11 km
4 Std. später landen wir nach einem angenehmen Flug in Kangerlussuaq. Im Icehuset gibt es Gas, Insektenschutz und einen Hot Dog.


Der vor Ort gebuchte Transport nach Kellyville findet in einem riesigen Bus statt. Es wird Zeit für etwas Bewegung nach der ganzen Sitzerei während der Hinreise und so wird fröhlich mit den viel zu schweren Rucksäcken gestartet, obwohl es kühl geworden ist und es nieselt. Die Regenjacken und Rucksackhüllen kommen gleich zum Einsatz.


Schon bald sind wir auf dem Trail. Das erste Ziel ist die Blechhütte am Hundesøs – ein komplett verrosteter und dreckiger Wohnwagen, der nicht zum Verweilen einlädt.

Später hören wir von einer Wanderin, dass sie dort geschlafen hat. Unvorstellbar! Weiter geht es durch die überwältigende Landschaft mit den vielen Seen, dem Wollgras, das gerade blüht und den vielen anderen Blumen.


Der Pfad ist oft feucht und matschig, aber es lässt sich noch ganz gut wandern. Trotz der schweren Last werden 11 km zurückgelegt zu einem schönen Schlafplatz, der zum Campen einlädt an einem idyllischen See. Letztes Jahr war dies unser letzter Schlafplatz im ACT. Die Zelte sind flugs aufgebaut. Obwohl es zwischendurch geregnet hat, scheint nun sogar die Sonne. Der Wind vertreibt die Mücken. Es ist auch gar nicht so kalt mit 12 C°.


Das selbstgemixte Trekkingessen ist ein Genuss und mit jeder Mahlzeit wird der Rucksack leichter. Nach der anstrengenden Anreise mit wenig Schlaf sollte es heute auch ruhig angehen und schon bald liegen wir in den Schlafsäcken. Heute hat alles gepasst und ein schöner Tag geht zu Ende.
Sonntag, den 14.07.24- Zweiter Tag bis zur Hütte Katiffik – 14 km
Nach den Anstrengungen der letzten beiden Tage wurde lange, gut und fest geschlafen – fast bis um 9.00 Uhr. Das schönste kam gleich zu Beginn: Baden und Waschen im kalten, klaren Gebirgssee. Besser kann ein Tag in der Wildnis nicht starten. Lecker und gemütlich gefrühstückt, Zelt abgebaut und Rucksäcke gepackt. Das Packen der Rucksäcke ist immer spannend: Wie soll das alles wieder hineinpassen? Ein Tägliche Herausforderung.
Leicht verspätet beginnt die heutige Tour bis zu Kitiffikhütte – 14 km. Die ersten beiden Tage sollen gemütlich sein. Erstmal ankommen in dieser schönen Natur. Ein großartiges Erlebnis heute: Ein Moschusochse steht am Berg und grast. Gar nicht so weit weg. Leider bemerkt er uns bald und galoppiert davon. Ein Rentier lässt sich auch sehen.


Der Weg bis Katiffik ist zum Teil sehr feucht, hat einige Höhenmeter zu bieten, die bewältigt werden müssen und eine erste Furt.


Mit meiner neuen Errungenschaft an den Füßen – Überschuhe aus leichtem Gummi, die bis zum Knie gehen – fühle ich mich für das Furten gut ausgerüstet. Hatten sie mir doch in den Sumpfwiesen heute gute Dienste geleistet. Wie tief mag die Furt sein? Knietief? Das schaffe ich. Während die anderen ihre Wartschuhe anziehen und die Hosen hochkrempeln, gehe ich los.


Zweidrittel des Weges klappt es hervorragend, doch kurz vor dem anderen Ufer wird es auf meiner Strecke über knietief. Kurzerhand marschierte ich durch und komme bis zu Hüfte nass ans Ufer. Meine Überschuhe sind ein Aquarium. Schuhe, Socken, Hose – alles nass. Erstmal ausziehen und den Schaden begutachten.

Der Rucksack ist zum Glück trocken geblieben. Rein in die Ersatzklamotten – wozu hat man diese denn? Und die nassen Sachen zum Antrocknen auf einen Felsen gelegt. Aus den Schuhen kann das Wasser gegossen werden. Die trocknen nicht so schnell. Derweilen kommen Niels und Magda trocken durch die Furt. Auch, weil sie einen besseren Weg gewählt haben. Was soll’s, jetzt wird erstmal Pause gemacht. Weiter geht es mit nassen Schuhen, aber das ist gar nicht so schlimm. Das letzte Stück des Weges geht steil bergab zur Hütte runter.



Da ist sie schon! Aber dort liegt kein Kanu. Dieser Wunsch geht nicht in Erfüllung, leider. Sollte doch die nächste Etappe über den See gehen. Es wird nur ein Schneefeld entdeckt, das vom Winter übergeblieben ist. Sollen wir in der Hütte schlafen oder zelten? Die Hütte ist leer und uns ist kein Mensch begegnet. Wir riskieren es und hoffen, allein zu bleiben und richten unseren Schlafplatz in der Hütte.



Das Wetter ist wieder fantastisch. Der See lädt zum Baden und Waschen ein. Die Hygiene soll schließlich auch nicht zu kurz kommen. Nach dem Abendbrot kommt nochmal die Sonne raus, die vor der Hütte genossen wird. Etwas entspannen, kniffeln und einen Schnaps trinken.


So lässt es sich aushalten! Schon wieder ist der Tag vorbei. Zum Glück ist kein Wanderer mehr gekommen und wir haben gut geschlafen.
Montag, den 15.07.24 – Dritter Tag – Katiffikhütte bis Kanucenter – 20 km
Leider immer noch kein Kanu in Sicht. Da müssen die 20 Kilometer zu Fuß gerockt werden. Ein Trost: Das Wetter ist sonnig und warm. Die erste große Hürde, die genommen werden muss, sind zwei Geröllfelder, die es in sich haben! Hier hilft nur klettern.




Allein wären diese sehr schwer zu bewältigen gewesen, aber unser Profi-Kletterer Niels hilft uns über die schwierigen Stellen mit Rat und Tat. Die Kletterei mit schwerem Rucksack ist nicht zu unterschätzen. Im Anschluss folgen viele Kilometer am See entlang. Die Aussicht über den See ist sehr schön, aber über Stunden wird es auch langweilig.



Eine schöne Pause ist eine willkommene Unterbrechung. Der Weg wird in der Wärme recht anstrengend und zum Ende muss noch einmal gekraxelt werden. Der Weg geht direkt am steinigen Ufer entlang der Felsen. Endlich kommt das Kanucenter in Sichtweite und es fängt an zu nieseln. Aber auch hier liegt kein Kanu, um morgen wenigstens die 3 km zum Ende des Sees Amitsorsuaq zu paddeln.

Schade! Nur ein kaputtes wird entdeckt und dennoch auf Wunsch eines einzelnen Herren ausprobiert. Nach wenigen Minuten auf dem See werden die Leckagen sichtbar.


Aber: Die Hütte ist leer. Wieder nur wir. Da wird sich flugs eingerichtet und hier gibt es die einzige Gelegenheit, die Handys etc. aufzuladen. Sehr praktisch. Doch zuvor noch im See gebadet und Wäsche gewaschen, denn die Sonne ist wieder da. Ein Höhepunkt des Tages ist das Abendessen. Unsere Gerichte sind köstlich. Bevor es ins Bett geht, kommen noch zwei Frauen mit einem Kanu gepaddelt – eine Dänin und eine Polin – beide aus Kopenhagen. Die Zwei hatten Glück und am Nachmittag ein Kanu ergattert. Ob wir es morgen bekommen können?
Der ACT ist in diesem Jahr sehr leer. Am 1. Tag haben wir Georg aus Berlin gesprochen und wenige Wander*innen wurden aus der Ferne gesehen.
Dienstag, den 16.07.24 – Vierter Tag – Kanucenter bis Ikkatooq Hütte – 23 km
Wir bekommen das Kanu! Die zwei wollen lieber wandern. Bei bestem Wetter wird das Kanu beladen und los geht’s bis zum Ende des Amitsorsuaq.



Was für ein schönes Erlebnis. Ein kleiner Trost für den gestrigen Tag und eine kleine Entlastung für den heutigen. Eine lange Etappe von 23 Kilometern muss bewältigt werden mit etliches Höhenmetern. Erst geht es leicht auf und ab. In einem Reiseführer wird diese Strecke passend als Achterbahn beschrieben.


Immer wieder morastige Feuchtwiesen. Pausiert werden soll am sogenannten Beach, ein großer Sandstrand. Zuvor muss jedoch ein ordentlicher Auf- und Abstieg bewältigt werden. Dafür ist der Beach aber umso schöner. Es ist so warm – gleich mal ins Wasser gesprungen. Und das in Grönland! Es ist echtes Ostseefeeling und ein großer Spaß! Was für eine Pause! Fotoshootings inclusive. Zur Belohnung folgt als erstes ein heftiger, steiler Anstieg.


Dem folgt gleich ein Zweiter. Der Lohn sind grandiose Aussichten auf die Landschaft mit den vielen Seen und Bergen. Immer mal wieder ein Abstieg, dann eine besonders schöne Strecke durch einen Fjäll. Wieder muss ein steiler Berghang bewältigt werden und noch einige Anstiege, bis die Hochebene erreicht wird. Die Belohnung: Eine wunderschöne Aussicht auf den Tasersuaq.

Am Ziel sind wir noch lange nicht. Der Weg zieht sich noch 3 – Stunden bis endlich die Hütte gesichtet wird. Leider ist sie nicht so schön und der See zum Wasser holen und Baden etwas weiter weg. Naja, für eine Nacht und wir haben sie für uns allein. Heute haben wir nur zwei Menschen getroffen. Einen Franzosen und eine Tschechin. Wie immer klingt der Abend mit leckerem Essen und Gesprächen über den schönen Tag aus.

Drei Spiele sind im Reisegepäck, die für ein lustiges Abendprogramm sorgen und ein weiterer Programmpunkt: Magdas Vorlesestunde aus dem Reiseführer.
Mittwoch, den 17.07.24 – fünfter Tag – Ikkatooq Hütte bis Eqalugaarniarfik Hütte – 13 km
Die Namen der Hütten werden immer komplexer. Die Einige, die die Namen richtig aussprechen kann ohne sich die Zunge zu brechen ist Magda.
Das fiese Summen von Mücken raubt uns den Schlaf. Diese Viecher begleiten uns heute den ganzen Tag. Sie nutzen jede Gelegenheit zum Angriff und die Mückenabwehr kommt zum vollen Einsatz.
Aber erstmal von Anfang an. Um 3.00 Uhr war hier Sonnenaufgang, der im Bild festgehalten wurde.

Zu dieser Zeit soll hier schon eine Stunde Nacht sein. Dunkelheit wurde jedoch noch nicht gesichtet. Die Mücken haben uns vor der Zeit aus dem Schlaf gerissen. So startet der Tag gemütlich. Die Sonne lacht wieder vom Himmel. Unglaublich! Der Tag beginnt mit einem steilen Aufstieg, der einige Kletter-Überraschungen parat hält. Gleich kommt der nächste Aufstieg.


Der Abstieg ist leichter als befürchtet. Nasswiesen sind auch dabei, aber auch eine schöne Fjäll Durchquerung. Spannend wird der Weg zur Brücke über den Ole Lakseelv. Es gibt einige Landmarken, wie ein weißes Zelt, auf das man zuhalten soll oder auch Felsen mit markanten Streifen. Ohne GPS ist es jedoch kaum möglich, den richtigen Pfad zu finden. Es geht 1,5 Std. über Feuchtwiesen mit hungrigen Mücken und einer versteckten Seenlandschaft.




Unser Track führt uns geschickt durch das Labyrinth. Endlich kommt die Brücke in Sicht. Am Fuße der Brücke kann endlich pausiert werden. Nass geschwitzt von der Wärme und der Anstrengung wird das frische Wasser aus dem Fluss zum Genuss und die Füße haben sich eine Abkühlung verdient.



Doch was ist das? Direkt neben dem Fuß ein riesiger Saibling. Die sollen mit der Hand gefangen werden können. Magda versucht es – jedoch ohne Erfolg. So, endlich geht es über die wackelige Brücke, die auch schon bessere Zeiten gesehen hat. Auf der anderen Uferseite wartet wieder ein steiler Anstieg und ein nasser Weg. Noch eine Stunde bis zur Hütte. Dass eine Frau aus Deutschland dort sein wird, wurde uns unterwegs bereits von einer grönländischen Familie berichtet. Man kennt sich auf dem Weg. Die idyllische Hütte mit Blick auf den Fjord Maligiaq hat zwar 4 Betten, doch wir Frauen entscheiden uns zu Zelten.

Hier ist es schön und warm. So warm, dass im 300 m entfernten Flüsschen nicht nur Wasser geholt wird und Wäsche gewaschen, sondern auch ausgiebig gebadet mit Haarewaschen! Was für ein Vergnügen!
Dies ist im Übrigen die einzige Wasserquelle für die Hütte und diese kann im Sommer auch versiegen. Zum Glück sprudelt sie noch. Der Abend ist schon Routine: Essen, Quatschen, den nächsten Tag besprechen, spielen, einen Schnaps genießen und ins Bett. Der nächste Tag wird wieder lang und anstrengend.
Donnerstag, den 18.07.24 – sechster Tag – Eqalugaarniarfik Hütte bis Innajuattoq II Hütte
ca. 20 km
Eile ist geboten. Zelt muss abgebaut werden. Durch den Tau ist es leider feucht geworden. Das praktische Fließtuch hilft beim Trocknen. Die Sonne tut den Rest, die heute wieder bei strahlend blauem Himmel scheint. Kurz nach 9.00 Uhr werden die Rucksäcke geschultert. Sofort hinter dem Bach, der leicht durchwatet werden kann, beginnt der Aufstieg – steil, aber ohne größere Schikanen.




Der Weg verläuft zunächst sehr schön, auf und ab, überwiegend trocken und abwechslungsreich. Zum ersten Mal gibt es heute kleine Bäche, aus denen mit dem Becher herrliches, kaltes und frisches Wasser geschöpft werden kann. Eine Delikatesse – besser als jedes andere Erfrischungsgetränk. Die kleinen Bäche und Flüsse, die es zu überwinden gilt, sind gut zu bewältigen. Das Wasser steht nicht hoch und die Wanderstiefel können an den Füßen bleiben. Für die Pause wird wieder ein idyllischer Platz am See gefunden. Also, Klamotten aus und rein in den See! Und das soll Grönland sein? Sonne, blauer Himmel – wir schwitzen uns zu Tode und können täglich unsere Wäsche waschen und – ganz wichtig – trocknen. Und Baden. Und sich ganz entspannt waschen. Nur die Mücken nerven mittlerweile bei all diesen Aktionen.
Nach der herrlichen Pause führt der Weg erst ein Stück auf der ATV-Road, es geht auch wieder in die Höhe, dann über eine Feuchtwiese, die aber zum Glück nicht so nass ist, als beschrieben. Immer wieder auch Abschnitte mit Kriechweiden, die immer höher werden und zum Verstecken geeignet sind. Ein letzter quälender Aufstieg – alles recht langweilig und ermüdend.

Ein Schneehuhn muntert uns etwas auf. Ein Rentier wird auch entdeckt und wandert majestätisch auf dem Bergkamm. Die 1. Hütte wird gesichtet. Die Kleinere auf dem Berg, bei der wir nicht bleiben wollen, auch weil das Holen von Wasser beschwerlich wäre. Die Zweite größere direkt am See ist noch einen langen Kilometer weiter entfernt. Erst kurz vorm Ziel zeigt sie sich. Ein Traum! Rote Hütte, glänzender See, blauer Himmel. Ein Postkartenmotiv. Eine Entscheidung wird spontan getroffen: Hier wird ein Ruhetag eingelegt. Der Wind hat etwas aufgefrischt, der See rauscht, die Mücken sind erträglich geworden. Wir Frauen wollen wieder zelten. In der Hütte ist bisher nur Marrit angekommen, die wir schon gestern in der Hütte getroffen hatten. Doch wo das Zelt aufbauen?



Das Gelände ist abfallend, hügelig, steinig. Ein Plätzchen wird nach Probeliegen für gut befunden. In der Nacht stellt sich jedoch die Schieflage heraus. Bevor es jedoch ins Bett geht, gibt es das übliche Abendprogramm mit dem lustigen Kartenspiel „MAD“.
Freitag, den 19.07.2024 – siebter Tag – Ruhetag Innajuattoq II Hütte
Was, es ist schon 9.30 Uhr? Mal richtig ausgeschlafen trotz der ungünstigen Lage im Zelt. Das Brummen der Fliegen und das Summen der Mücken hat uns geweckt. Der See ist ruhig – Windstille. Das bedeutet: Waschen mit den Plagegeistern. Das Wetter ist wie erwartet genauso schön, wie bisher. Zeit für etwas Haushalt, wie Wäschewaschen und Hin- und Her räumen. Kleine Spaziergänge zur kleinen Hütte, in der zwei Grönländerinnen pausieren. Am späten Abend waren auch noch zwei Engländerinnen eingetroffen, die schon am Tag zuvor erst in der Nacht ankamen. Es wird wieder gebadet in dem schönen Fluss – ein Ausläufer des Sees.


Dieser Fluss muss morgen als erstes durchfurtet werden. Das üben wir schon mal ohne Gepäck.


Die Zeltübernachtung wird schweren Herzens gegen eine Nacht im Bett eingetauscht. Einmal gerade liegen wird höher bewertet als die romantische Übernachtung am plätschernden See.
Am Ende des Tages übernachten wir zu sechst in der Hütte.

Eine Engländerin, Rachel, die in Grönland als Biologin arbeitet und uns viel über Vögel, Pflanzen und die Natur erzählt sowie ein weiterer Wanderer aus Deutschland.
Samstag, der 20.07.24 – achter Tag – Innajuattoq Hütte bis Nerumaq Hütte – 19,7 km
Hitze, Hitze begleitet uns den ganzen Tag und die Mücken werden teilweise unerträglich. Zu Beginn des heutigen Tages muss jedoch die Furt mit Gepäck geschafft werden.

Schuhe der Wahl: Sandalen. Alle kommen gut rüber – Schuhe werden gewechselt. Der tägliche Anstieg wartet schon, ist aber gut zu bewältigen. Der Weg hat heute die Kategorie „leicht“ und läuft parallel zu einem Fluss. Alsbald erreichen wir die höchste Stelle unserer Wanderung. Das wird gefeiert! Feuchtwiesen gibt es kaum. Wasser gibt es tatsächlich auch wenig, da wir den Höhenweg gewählt haben. Doch plötzlich führt der Weg doch an einen kleinen Fluss im Schatten von Felsen, der zum Pausieren einlädt. Schatten ist heute ein Geschenk. Mücken lieben leider auch solche Plätze und verleiden etwas die Pause. Füße werden trotzdem gekühlt in dem herrlichen Wasser.



Gestärkt geht es weiter für die letzten Kilometer des Tages. Ein Schneehuhn Mutter mit ihren Küken bringen sich vor uns in Sicherheit. Sehr süß! Schon bald wird die Hütte entdeckt. Auch hier: Alles voller Mücken.


Die kleine schmuddelige Hütte ist heute keine Alternative, also zelten wir alle heute Nacht. Das Schlafzelt kann wenigstens mückenfrei gehalten werden. Das tägliche Waschen im Fluss, der morgen auch als erstes durchquert werden muss, und das Essen in der Hütte sind schon herausfordernd genug. Ein Problem, das in Grönland nicht erwartet wurde: Es ist im Zelt zu heiß. Wie in Griechenland. Alle Ausgänge werden aufgerissen. Wir liegen spärlich bekleidet im Zelt. Doch kaum verschwindet die Sonne um ca. 23.00 Uhr hinter einem der Berge, kühlt es sich ab und alle Luken werden wieder geschlossen. Der Daunenschlafsack, über den wir uns gerade noch lustig gemacht haben, kann nun wenigstens als Decke dienen.
Übrigens, Holger, den wir schon getroffen hatten und der sich nun bereits auf dem Rückweg befindet, hat heute Nacht auch hier pausiert und Niels viel Spannendes berichtet.
Sonntag, der 21.07.24 – neunter Tag – Nerumaq Hütte bis ca. 5 km vor der Kangerluarsuk Tulleq Hütte – Übernachtung am See
ca. 11,5 km
Die letzten zwei Etappen auf dem ACT in der einzigartigen Natur sollen nochmal richtig genossen werden. Die Zeit und Ausrüstung reichen noch dicke für zwei Nächte. Der Plan: Heute wird vor dem Ende der Etappe an einem schönen See das Nachtlager aufgeschlagen und es wird noch eine weitere Nacht kurz vor Sisimiut im Fjäll geben. Der Vorteil: Nicht nur die Zeit in der Natur wird verlängert, sondern wir sparen eine Nacht in Sisimiut. Und, wir kommen dort nicht erschöpft am Abend an und müssen noch eine Unterkunft suchen, sondern entspannt am Vormittag.
Heute ist es deutlich kühler und am Himmel zeigen sich Wolken.



Sehr viel angenehmer zum Wandern. Als erstes muss die Furt direkt beim Start überwunden werden. Dies gelingt gut. Im Anschluss geht es selbstverständlich bergan und die ersten Feuchtwiesen lassen auch grüßen. Der Weg ist zuerst sehr angenehm, dann kommen jedoch Mann- und Frau hohe Kriechweiden, durch die der Pfad führt.


Die Ausblicke sind wunderschön auf den Fluss, der uns begleitet, und das Gebirge. Eine zweite Furt kommt. Die ist schwieriger. Niels hüpft rüber. Magda traut sich auch, rutscht aber leider aus. Für mich kommen noch einmal meine Gummischuhe zum Einsatz. Das gleiche eine halbe Stunde später. Jetzt war für mich ein Ausrutscher dabei. Einmal kurz mit dem Hintern ins Wasser gedippt. Schuhe zum Glück trocken geblieben. Die Hose trocknet bei dem Wetter schnell. Eine Pause ist jetzt verdient.


Frank und Conni aus Süddeutschland kommen auch über die Furt. Das lustige: Sie kennen unsere Namen von anderen Wanderern. Auf dem Weg sind alle eine große Familie. Jeder berichtet jedem, wer sonst noch unterwegs ist und die jüngsten Neuigkeiten werden ausgetauscht. 5 km weiter beginnt ein großer See. Die nächst Hütte ist auch schon zu sehen. Die Nacht soll jedoch im Zelt am See verbracht werden. Schnell wird hier ein geeigneter Platz gefunden. Trotz der Kühle noch schnell ein Bad nehmen.


Wie herrlich! Besonders schön ist das Rauskommen aus dem kalten See. Der Körper fühlt sich wie Pfefferminz. Jetzt, wo alle sauber sind, wird erstmal gespielt, dann gegessen, dann gespielt und anschließend in den warmen Schlafsack. Heute erfüllt der Daunenschlafsack wieder seinen Dienst. So gemütlich!



Montag, den 22.07.24 – zehnter Tag – Vom See bis 10 km vor Sisimiut – eine letzte Nacht im Fjäll – ca. 17,5 km
Angenehme Kühle trotz Sonnenschein und fast blauem Himmel empfängt uns heute Morgen und ein bisschen Wind. Ohne Frühstück wird gestartet – das soll bei der Hütte, dem eigentlichen Ende der gestrigen Tour in ca. 5 km eingenommen werden. Eine Hütte ist sogar schon in der Ferne zu erkennen. Alle abmarschbereit und dann, oh Schreck, wo ist das Handy? Im Zelt eingerollt vielleicht? Alles wieder auspacken, oh je! Zum Glück taucht es wohlbehalten auf. Natürlich geht es gleich bergan, doch die eigentliche Steigung des Tages wird noch kommen.



Da ist die Frühstückshütte! Abgeschlossen? Komisch, aber egal. Von hier ist der Blick traumhaft. Zu einer Seite der See und zur Anderen der Fjord Kangerluarsuk Telleq. Die Aussicht lädt zum Verweilen ein. Später entdecken wir die richtige Hütte. Der Irrtum war aber ein Glücksfall. Weiter geht es auf und ab. Mal sind die Wege trocken, mal nass. Verschiedene Bäche und Flüsse mäandern durch die Wiesen. Neben einer angekündigten Furt müssen viele Wasserläufe überquert werden. Wir schaffen es mittlerweile problemlos. Der Aufstieg zum Toilettenhäuschen, das sogar im Reiseführer angekündigt wird, ist knackig, aber gut zu bewältigen.



Viele kleine Wasserfälle und kleine Schneefelder liegen auf dem Weg. Über ein Geröllfeld muss gegangen werden, aber ohne Klettern. Der Fjäll fängt an und es wird Ausschau gehalten nach einem geeigneten Zeltplatz. 10 km trennen uns noch vom Ziel, doch eine letzte Nacht in der Natur sei uns noch gegönnt. Ein schönes Plätzchen wird wieder gefunden an einem Bach und in der Ferne rauscht ein Wasserfall.



Das Wasser im Bach speist sich aus den Schneefeldern und ist richtig kalt! Die Sonne zeigt sich für einen schönen letzten Abend am Zelt. Fast alles passiert nun zum letzten Mal. Eine letzte Treckingmalzeit – leckere Käsenudeln. Eine letzte Nacht im Zelt, die kühl, aber nicht kalt ist in unseren warmen Daunenschlafsäcken. Morgen soll um 9.00 Uhr ein letztes Mal gestartet werden. Ein bisschen Wehmut ist schon dabei. Die Zeit in der Natur war zu schön. So unabhängig von der Zivilisation. Ohne Netz und ohne Komfort.
Heute wurden zwei Dänen und einen Engländer getroffen.
Dienstag, den 23.07.24 – elfter und letzter Tag – Aus dem Fjäll direkt nach Sisimiut, 10 km
Auf geht’s – die letzte Etappe.



Es ist recht kühl heute Morgen. Das Abbauen des Zelts und das Packen läuft mittlerweile wie am Schnürchen. Noch ein letztes Outdoorfrühstück. Es geht noch mal bergan, eine letzte Furt, ein letztes Kraxeln. Je dichter die Stadt kommt, je unattraktiver wird der Weg. Eine Baustelle mit riesigen Baufahrzeugen muss passiert werden, die denn der ATV-Track weiter ausbauen.


Das hatten wir gefühlt lange nicht mehr und macht uns überdeutlich, dass wir zurück sind in der Zivilisation. Was für ein Schock!
Zuerst begrüßen uns in Sisimiut die unzähligen Schlittenhunde, die im Sommer an der Kette liegen. Nur die Welpen dürfen frei herumlaufen und lassen sich gerne streicheln und lieben es zu kuscheln.



Erste Angebot für eine Übernachtung stehen am Wegesrand und werden schon mal bewertet. Erster Stopp soll das Hotel Sisimiut sein.




Dort gibt es eine Urkunde für die Finisher des ACT. Das „Special für Hiker“, das dort feilgeboten wird, überzeugt uns nach kurzer Diskussion und es wird gleich eingecheckt in das Familienzimmer für uns Drei. Ganz wichtige Information: Das W-LAN-Passwort. Kaum sind die Handys im W-LAN, werden unzählige Nachrichten abgerufen. Die Versuchung, nach 11 Tagen „ohne“ gleich zuzugreifen, ist groß. So, nun Sisimiut unsicher machen. Die im Reiseführer angepriesene Konditorei aufsuchen, die wirklich hervorragend ist und dann das inkludierte SPA Angebot vom Hotel nutzen. Das tut gut nach den ganzen Anstrengungen der Wanderung. Schönes warmes Wasser im Hottube und entspannen in der Sauna. Zu schön. Schon wird es Zeit an das Abendessen zu denken. Die Restaurants schließen hier zeitig. In einem Imbiss gibt es Burger und Pommes nur noch to go. Bei dem schönen Wetter schmeckt das Essen auch draußen mit herrlicher Aussicht auf den Hafen vor der Kirche auf der Treppe. Noch ein kleiner Verdauungsspaziergang und dann sollen in der Lobby die Urlaubsbilder von iPhone zu iPhone ausgetauscht werden. Leider macht Magdas Handy schlapp und erholt sich auch nicht mehr. Kein guter Abschluss für den ansonsten schönen Tag.
Mittwoch, den 24.07.24 – zwölfter Tag – Sisimiut
Ein außergewöhnliches Frühstück lässt den Tag gut beginnen.


Mal kein Haferschleim, sondern Brot, Brötchen, Rührei, Käse, Wurst und grönländische Shrimps. Lecker! Niels geht auf Quad Tour und wir Frauen sondieren mal die Lage in den Geschäften, um später zu einem gemeinsamen Sightseeing und einen Einkaufsbummel aufzubrechen. Zwei, drei Dinge aus dem Sale werden erstanden. Kaffee und Kuchen in der gelobten Konditorei tragen zur Erholung bei und auch eine weitere SPA Einheit. Das Hotel hat auch ein schönes Restaurant, dass heute aufgesucht wird, um grönländische Spezialitäten zu probieren. Noch ein bisschen spielen und dann muss schon wieder zusammen geräumt werden. Morgen geht es mit dem Flugzeug zurück nach Kanqualussak.
Donnerstag, den 25.07.2024 – dreizehnter Tag – Von Sisimiut nach Kangalussuaq
So schade, vieles wurde bereits zum letzten Mal in diesem Urlaub erledigt. Das schöne Hotel wird in Kangerlussuaq gegen das Wandererheim eingetauscht werden.

Schluss mit dem Luxus, der aber schließlich erwandert wurde. Bevor am Mittag der Flieger geht, wird der Brugsen gründlich inspiziert für ein paar kleine Mitbringsel und die Konditorei aufgesucht. Unsere neue Leidenschaft: Hindbaersnitten. Sechs werden mit auf die Reise genommen. Im Hotel zurück zum Gepäck und für das Taxi wird eine Hoffnung wahr: Magdas Handy konnte von dem Schwager der Rezeptionistin repariert werden! Was für ein Glück! Das Hotel Sisimiut kann man – gerade wegen des freundlichen Personals – sehr empfehlen.
Der Flughafen ist klein und scheinbar werden hier alle Tätigkeiten von einer Person erledigt. Hauptsache, der Flug findet statt. Viele Flüge werden bei schlechtem Wetter abgesagt. Die kleine Propellermaschine hebt pünktlich ab und landet 30 Minuten später nach leichtem Ruckeln in Kangerlussuaq. Hier kennt man sich aus. Erstmal zum Supermarkt, dann ein Hot Dog – ein Muss. Zu Fuß geht es den kurzen Weg zum Wandererheim. Das Vielbettzimmer ist zum Glück nicht voll belegt. Es ist alles sauber und freundlich – auch diese Unterkunft kann empfohlen werden. Conni und Frank vom ACT sind auch hier untergekommen. Da gibt es gleich ein gemeinsames Pizza-Essen. Dr. Oetker macht es möglich. Wie es sich manchmal fügt: Magda kann morgen von einer verhinderten Reisebegleitung den Ausflug auf das Inlandeis übernehmen.
Freitag, den 26.07.2024 – vierzehnter Tag – Kangerlussuaq
Die Nacht war gut, aber wieder kurz. Viel Schlaf gab es in diesem Urlaub nicht. Magda geht aufs Eis. Auf Niels und mich wartet das Museum. Tatsächlich empfehlenswert. Eine Mischung aus der Geschichte des amerikanischen Stützpunktes und dem interessanten Leben der Inuit.



Zum Wandern sind wir doch hierhergekommen, oder? Also, rauf auf den nächsten Berg – Aussicht genießen. Der Rückweg geht pfadlos durch das Gelände, am Flugzeugwrack vorbei – eine Sehenswürdigkeit. Hier sind bei schlechtem Wetter vor Jahrzehnten drei kleine amerikanische Flugzeuge abgestürzt. Die Piloten konnten sich retten – die Trümmer sind verblieben. Magda kommt strahlend vom Ausflug zurück und ein Abendessen in der Flughaben-Cafeteria rundet den letzten Abend ab. Gericht des Tages: Gulasch von Muskochsen. Noch ein letzter Spiele- und Klönabend mit Conny und Frank und eine letzte Nacht. Morgen beginnt die anstrengende Rückreise.
Samstag, den 27.07.2024 – fünfzehnter Tag – Rückflug nach Kopenhagen und Busfahrt nach Hamburg
Die Sonne lacht wieder vom Himmel. Auf dem ACT soll es den ersten Neuschnee gegeben haben. Nochmal zurück nach Sisimut – das wäre doch eine Idee! Stattdessen ein letzter Hot Dog beim Icehuset – die Reise soll so enden, wie sie begonnen hat. Nicht ganz pünktlich hebt das Flugzeug ab. Die ersten Meilen sind fantastisch bei bester Sicht über das Inlandeis.




Über den Wolken kann nun der gute Service von Air Greenland genossen werden. Ob der FlixBus nach HH wohl erreicht werden kann? Knappe Kiste! Doch es flutscht alles. Rechtzeitige Landung, das Gepäck kommt schnell. Die S-Bahn wird gefunden und fährt wie gewünscht zum Hauptbahnhof. Noch ein Fußmarsch ist die FlixBus – Station entfernt. Es wird noch etwas hektisch aufgrund der Wegführung. Niels muss sich das erste Mal auf weibliche Orientierung verlassen. Gerade rechtzeitig wird der Bus erreicht, und die Fahrt durch die Nacht beginnt. Bequem ist etwas anderes, aber dieses Transportmittel passte am besten zu unseren Reisezeiten. Niels verlässt uns schon am Airport und steigt in die S-Bahn. Magda und ich fahren bis zum ZOB. Schnell noch ein paar Reiseutensilien hin und her getauscht und auch unsere Wege trennen sich in der U-Bahn. Das Ende unserer großartigen Gemeinschaft und unserer einzigartigen Reise kam viel zu schnell.